Älteste bekannte Statuten des AVL


Dies sind die ältesten bekannten Statuten des AVL. Sie wurden von Roland Conter überliefert, der sie als Jugendlicher in den frühen 1940er Jahren in der Zeit seiner Zwangsumsiedlung von Schlesien von einem “Gielemännchen” geschenkt bekommen hatte. Wo dieser Mann sie her hatte, wissen wir nicht. Sie wurden ihm zusammen mit dem Bierkomment von 1909 übergeben, wir vermuten daher, dass sie ebenfalls aus der Zeit stammen, möglicherweise sind es die Ursprungssatzungen.
Interessant sind handschriftliche Aufzeichnungen auf der letzten Seite, vermutlich vom unbekannten ursprünglichen Besitzer angefertigt. Sie haben die Namen einzelner Aachener Korporationen und die Farben die sie tragen zum Inhalt.
Das Original wurde gedruckt bei der “Buchdruckerei G.Willems, Esch a.d. Alzette.” Hier : AVL Statuten um 1900 als PDF.


S T A T U T E N
des
Akademischen Vereins
“d`Letzeburger”
AACHEN

§1.

Der akademische Verein “d` Letzeburger” hat den Zweck, den freundschaftlichen Verkehr zwischen den an der Aachener Kgl. Techn. Hochschule studierenden Luxemburgern zu heben und zu befestigen, ihre neu angekommenen Freunde aus dem Vaterland ins akademische Studium einzuführen, sie während der Studienzeit durch liebevolles Entgegenkommen zu unterstützen, sowie ihnen auch nach vollendetem Studium im späteren Leben nötigenfalls mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

§2.

Zur Erreichung dieses doppelten Zieles dienen allgem. Offizielle Vereinsveranstaltungen:

  1. Wissenschaftliche Exkursionen und Vorträge;
  2. Vereinsconvente, Kneipabende und Sonntagsfrühschoppen

§3.

Als Vereinsmitglieder gelten: Aktive Mitglieder, inaktive Mitglieder, auswärtige Mitglieder, Konkneipanten, Alte Herren, Ehrenmitglieder und eventuell die Person des Ehrenpräsidenten.

§4.

Aktive Mitglieder können nur solche werden, die als Hörer an der hiesigen Hochschule eingeschrieben sind, von Luxemburger Nationalität, oder der luxemburgischen Sprache mächtig sind, oder im Großherzogtum Luxemburg längere Zeit ansäßig waren.

§5.

Die Aufnahme als aktives Mitglied hat unter folgenden Bedingungen zu erfolgen: der um Aufnahme bittende muß an den Vorstand ein schriftliches Gesuch einreichen. Dieses Gesuch kommt auf einer offiziellen Versammlung (B.C.) zur Besprechung und geheimen Abstimmung. Die Gewährung des Gesuches bedingt Stimmeneinheit. Das Endresultat der Abstimmung wird dem Betreffenden durch einen Chargierten des Vereins mitgeteilt.

§6.

In Vereinsangelegenheiten besteht für alle Vereinsmitglieder Gleichheit in der Ausübung der ihnen zustehenden Rechte; in Biersachen entscheidet der Bierkomment

.

§ 7.

Rechte und Pflichten der aktiven Mitglieder:

  1. Die aktiven Mitglieder sind verpflichtet, sich an allen offiziellen Vereinsveranstaltungen zu beteiligen;
  2. einen festgesetzten monatlichen Beitrag, sowie die durch Vereinsconvent festgesetzten Extra=Umlagen zu entrichten;
  3. Den Verein auswärts in jeder Beziehung zu vertreten und eventuell zu verteidigen; sich ehrenwörtlich zu verpflichten, über den Verlauf der offiziellen Versammlungen absolutes Stillschweigen zu wahren;
  4. sich den offiziellen Beschlüssen der Vereinsconvente zu fügen;
  5. Couleur zu tragen nach den Bestimmungen des B.C.

§8.

Rechte der aktiven Mitglieder: Die aktiven Mitglieder haben das Recht, ein Vereinsamt zu versehen, bei Vereinsconventen Anträge zu stellen, Gegenstä,nde zur Diskussion zu bringen, an der Debatte und Abstimmung teilzunehmen, Einsicht zu nehmen in das vorliegende Protokollbuch, und sich eventuell vom Präsidium über alle vergangenen Vereinsvorkommnisse Aufschluß erteilen zu lassen.

§9.

Füchse können kein Vereinsamt versehen; auch ist ihnen im ersten Semester das Stimmrecht, ausgenommen in Geldangelegenheiten, entzogen.

§10.

Inaktive Mitglieder können mit Zustimmung des Vereinsconventes solche aktiven Mitglieder werden, die im letzten Semester vor ihrem Examen oder im Examen selbst stehen, oder krankheitshalber sich nicht an den Vereinsveranstaltungen beteiligen können.

§11.

Den inaktiven Mitgliedern stehen dieselben Rechte und Pflichten zu wie aktiven, doch sind sie von den unter § 7a vorgesehenen Pflichten entbunden ohne von diesem Vorzug Mißbrauch machen zu dürfen, widrigenfalls ihnen vom Vereinsconvent die Inaktivitas entzogen werden kann. Jedem inaktiven Mitglied steht das Recht zu, sich beim Präsidium als aktiv zurückzumelden.

§12.

Auswärtige Mitglieder geniessen dieselben Rechte wie die aktiven. Sie haben einen festen Semesterbeitrag in die Vereinskasse zu zahlen. An Pflichten liegen ihnen die für die aktiven unter § 7 c sowie die unter § 7 d, letztere, falls ihnen M öglichkeit und Gelegenheit dazugegeben wird, angegebenen Pflichten ob. Nur mit Bewilligung des Vereins dürfen sie sich in eine andere akademische Corporation aufnehmen lassen. Auswärtige Mitglieder werden jene aktiven und inaktiven Mitglieder des Vereins, welche die hiesige Kgl. Techn. Hochschule verlassen, um ihre Studien zeitweilig zu unterbrechen, oder um sie an einer anderen Hochschule fortzusetzen. Der Schriftwart hat ihnen am Schluß jedes Semesters einen Semesterbericht zuzusenden.

§ 13.

Konkneipant kann jeder Studierende der hiesigen Hochschule werden. Konkneipanten steht die Teilnahme an den Kneipabenden, wissenschaftlichen Exkursionen und Vorträgen zu; an Vereinsconventen dürfen sie nur als Zuhörer teilnehmen. Doch steht ihnen das Recht zu, auf den Vereinsconventen durch Burschen Anträge zu stellen und verfechten zu lassen. Was pekuniäre Verpflichtungen betrifft, sind sie den übrigen Vereinsmitgliedern gleichgestellt. Die Aufnahme als Konkneipant hat unter folgenden Bedingungen zu geschehen:

  1. Wer als Konkneipant aufgenommen werden will, muß Hörer an der Kgl. Techn. Hochschule sein;
  2. Er hat ein schriftliches Gesuch einzureichen, zu dessen Genehmigung Stimmeneinheit erfordert ist. Die Abstimmung hat geheim zu geschehen.

§14.

Die Zahl der Konkneipanten darf 1/5 der Zahl der aktiven Mitglieder nicht überschreiten.

§15.

A.H.A.H.

Alte Herren (A.H.A.H.) können alle Vereinsmitglieder werden, welche die Hochschule verlassen, um sich in Lebensstellung zu begeben.

  1. Alte Herren haben alle Rechte der aktiven Mitglieder;
  2. Es steht ihnen das Recht zu, über alle Vereinsvorkommnisse Bericht zu verlangen und Gutachten abzugeben;
  3. Es bleibt ihrer Entscheidung vorbehalten, einen Conventsbeschluß zwecks Suspendierung des Vereins rechtskräftig zu machen;
  4. Im Falle einer Suspendierung wird das Vereinsinventar ihr Eigentum.

§16.

Die Alten Herren bilden unter sich den A.H.A.H. Verband, dessen Zweck es ist, nach Kräften das Gedeihen des Vereins als solchen zu förden, sowie den sämtlichen Mitgliedern, sowohl während der Studienzeit als auch im späteren Leben mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Entehrende Strafen haben den Ausschluß aus dem A.H.A.H. Verbande zur Folge.

§17.

Hat jemand sich in hervorragender Weise um das Gedeihen des Vereins verdient gemacht, so kann er durch einstimmiges Votum des Vereins mit Einwilligung des A.H.A.H. Verbandes zum Ehrenmitglied ernannt werden. Die höchste Auszeichnung, welche der Verein verleihen kann, ist die Ernennung zum Ehrenpräsidenten.

§18.

Der Vorstand des Vereins besteht aus dem Präsidium (I. Chargierter), dem Schriftwart (II. Chargierter) und dem Kassenwart (III. Chargierter) Die Charge wird denselben durch die Wahl erteilt, und zwar mittels geheimer Abstimmung. Es dürfen bei jeder Wahl drei Mitglieder von jedem einzeln gewählt werden. Stimmenmehrheit entscheidet, bei Stimmengleichheit entscheidet das Los; für die Wahl des Präsidiums sind 2/3 Stimmenmehrheit erfordert. Außer dem Vorstand fungieren im Verein noch ein Kneipwart und ein Exkursionswart, die vom Vereinsconvent bestätigt werden.

§19.

Die Wahl des Vorstandes hat vor Schluß jedes Semesters zu geschehen.

§20.

Dem Präsidium steht die Leitung bei allen Vereinsveranstaltungen zu. Bezüglich des Vereinsconventes stehen ihm vesondere Rechte zu, welche in § 21 erläutert sind.

§ 21.

Außer den regelmäßig stattfindenden ordentlichen Versammlungen und Kneipen, steht dem Präsidium das Recht zu, im Dringlichkeitsfall eine ausserordentliche Versammlung einzuberufen. Jede Versammlung muß allen Vereinsmitgliedern vor 10 Uhr morgens durch Anschlag am schwarzen Brett bekannt gemacht werden. Dasselbe Recht, verbunden mit denselben Pflichten, steht den drei ältesten Burschen zu, wenn sie im Einverständnis handeln. Auf jeder Versammlung kommt zunächst das Protokoll der vorhergehenden Versammlung zur Besprechung und Genehmigung. Hierauf folgt Feststellung der Tagesordnung, welche mit Erledigung des geschäftlichen Teiles beginnt. Falls sich eine Stimmengleichheit ergibt, entscheidet die Stimme des Präsidiums. Es bleibt dem offiziellen Vereinsconvent vorbehalten, über einzelne Vereinsmitglieder eine Geldstrafe, eine protokollierte Rüge oder Relegation auf bestimmte Zeit zu verhängen.

§ 22.

B.C.

Nur bei internen Vereinsangelegenheiten, und wenn die Umstände es gebieten kann ein Burschenconvent einberufen werden und unterliegt dessen Einberufung den unter § 21 für die Berufung einer außergewöhnlichen Versammlung vorgesehenen Bedingungen. Außerdem steht dem Präsidium das Recht zu, während des Verlaufes eines B.C. einen B.C. momentan steigen zu lassen.

§23.

Ehrenrat.

  1. Der Ehrenrat hat die Aufgabe unter den Vereinsmitgliedern entstandene Streitigkeiten zu schlichten und zu verhindern, daß durch anhaltende Zwiste Mitglieder sich ein einen sowohl dem Charakter des einzelnen als auch dem Vereine schadenden Haß hinein leben.
  2. Ein Ehrenrat kann bei einem obwaltenden Zwist von jeder Partei begehrt werden und muß die andere Partei Folge leisten. Der Versammlung ist es gestattet, streitende Vereinsmitglieder zur Berufung eines Ehrenrates zu zwingen.
  3. Ein Ehrenrat besteht aus fünf Vereinsmitgliedern. Den Vorsitz führt das jeweilige Präsidium oder im Verhinderungsfalle je nach der Reihenfolge der Schrift= oder Kassenwart. Jede Partei hat zwei Richter zu stellen. Jedes Mitglied des Vereines ist verpflichtet, das Amt eines Richters auf erste Aufforderung hin anzunehmen.
  4. Der Ehrenrat hat sich binnen zweimal 24 Stunden zu versammeln, außer absolutem durch den Vereinsconvent zu genehmigendem Verhinderungsfall.
  5. Jede Partei hat vor der Verhandlung ihr Ehrenwort abzugeben, daß sie sich dem Verfügungen des Rates fügen will.
  6. Sowohl Richter wie Klagende, als auch Zeugen sind zu ehrenwörtlichem Stillschweigen über die Verhandlungen verpflichtet.
  7. Dem Ehrenrat steht es zu, Strafen zu verhängen und zwar protokollierte Rüge, Geldstrafen bis zu zehn Mark und Demitation bis zu einem Monat. Tätliche Beleidigung eines Vereinsmitgliedes durch ein anderes ist mit Demitation c.i. zu bestrafen. Bei Festsetzung der Strafe hat der Vorsitzende nur beratende Stimme; nur bei Stimmengleichheit ist seine Stimme entscheidend.
  8. Die Aussagen werden zu Protokoll gebracht, welches in einem Couvert versiegelt wird. Der Vorsitzende hat dasselbe während einem Jahre aufzubewahren und ist dann verpflichtet, dasselbe zu vernichten. Das Urteil wird auf der nächsten Versammlung den andern Vereinsmitgliedern mitgeteilt und im Protokollbuch verzeichnet.
  9. Geschäftsordnung beim Ehrenrat. In Anwesenheit des Ehrenrates, der Zeugen und der beiden Berufenden erhebt sich der Vorsitzende und hält folgende Ansprache: “R.R. und R.R. haben uns berufen, nach Recht und Gewissen zu urteilen und zwischen ihnen Frieden zu stiften. Wir haben uns statutengemäß a tempo versammelt. Ich will mir erlauben, den Anwesenden die Hauptparagraphen der diesbezüglichen Statuten ans Herz zu legen.” Redner liest die Paragraphen 1-9 dieser Statuten vor, dann fährt er fort: ” Ich fordere sämtliche Anwesenden auf, zu erklären, daß sie sich in allem den eben verlesenen Vorschriften fügen wollen. die beiden Berufenden frage ich: Seid ihr mit der Zusammensetzung des Ehrenrates zufrieden ? Gebt ihr das ehrenwörtliche Versprechen, euch ganz dem Urteilsspruche zu fügen ?” Darauf treten die Zeugen und die Folge leistende Partei ab. Das jüngste Semester unter den Richtern schreibt die Aussagen auf, welche gleich nach beendeter Aussage unterschrieben werden.

Protokollbuch.

§24.

Der Verlauf der Vereinsconventen und die auf den Vereinsconventen gefaßten Beschlüsse werden inst Protokollbuch eingetragen. Dasselbe kann teilweise durch Vereinsbeschluß abgeschlossen und versiegelt werden. Aus dem unter Siegel liegenden Teile kann ein Vereinsmitglied nur durch das Präsidium eine bestimmte Auskunft verlangen.

§25.

Das Austrittsgesuch ist dem Vereine schriftlich einzureichen. Der Austritt kann nur dann genehmigt werden, wenn das betreffende Mitglied seinen pekuniären Verpflichtungen vollständig nachgekommen ist.

§26.

Kassenrevision

Der Vereinsconvent überträgt jedes Semester an zwei Burschen das Amt der Kassenrevision. Dieselben haben das Ergebnis ihrer Revision ins Kassenbuch einzutragen, und zwar als Gegenzeichnung der Unterschrift des Kassenwartes. Die Revisoren haben dem nächstfolgenden B.C. Bericht zu erstatten.

§27.

Auf die Auforderung eines B.C. hat der Kassenwart auf der nächsten Versammlung das Kassenbuch den Vereinsmitgliedern zur Einsicht vorzulegen.

§28.

Rechtskräftig ist ein B.C. Beschluß nur dann, wenn er den Statuten nicht widerspricht und deren Sinn nicht entgegenläuft. Ein B.C. Beschluß kann im selben Semester nicht, sonst nur mit 2/3 Stimmenmehrheit abgeändert werden. Jede Änderung an der Fassung eines Statutenparagraphen und jede Hinzufügung eines neuen bedarf der Zustimmung des A.H.A.H. Verbandes, um rechtskräftig zu werden.

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