Artikel aus den Aachener Nachrichten zum Apfelklau 1954

Der nachstehend Text erschein in den Aachener Nachrichten im Juni 1952

"Wir werden noch mehr putzen"

Der Reichsapfel kehrte golden glänzend wieder zurück — Gespräch
mit dem anonymen ,Attentäter"

Das gestrenge Auge des Gesetzes war es, dem es am Samstagmorgen auffiel,
daß Kaiser nun zum dritten Male, der Reichsapfel entrissen war. Das
meldeten wir gestern und vermuteten richtig, daß hier wieder Studentenhände
am Werk gewesen waren. Heute dürfen wir bekannt geben: der Apfel ist
wieder da! Und beim ersten Blick auf den Wiedergeschenkten möchte man
sogar meinen, dass er uns schöner denn je zurückgegeben wurde.Er
glänzt, als sei er aus purem Gold. Studenten haben ihn geputzt! Da sie
offenbar Wert darauf legten, daß ihr Streich nicht als lächerliches
Plagiat an gesehen werden könnte, rief einer von ihnen die Lokalredaktion
der "Aachener Nachrichten" an und orientierte sie über die
"Hintergründe" der Tat. Vorsorglich sprach der Herr am anderen
Ende des Drahtes mit einem deutlichen französischen Akzent. geruhte mitzuteilen:
,,Der Apfell ist wieder da! Wir ‘aben ihn geputzt. Jawohl, wir ‘aben ihn mit
‘ilfe von einigen Menschen in der Pontstraße poliert. Und wir werden
noch mehr putzen, wenn sich die Stadt Aachen nicht

Darum kümmert. Falls Sie uns nicht glauben, gehen Sie und holen sich
den Zettell aus dem Apfell. Darauf steht unser Signum!"

Selbstverständlich kletterte ein Mitglied der Lokalredaktion, unauffällig
beschattet – es konnte ja eine ahnungslose Streife des Weges kommen – von
einem instruierten Kriminalbeamten, an Kaiser Karl auf dem Markt empor. Tatsächlich,
als es am Ende der artistischen Aktion gelang, den goldglänzenden Reichsapfel
aus der Hand des Aacheners Schutzpatrons zu haben, fiel ein kleiner Zettel
heraus.
Der Bekennerbrief
Er war aus Dokumentenpapier und mit wetterfester Tusche bemalt. Wir ließen
ihn klischieren, damitsein gewichtiger Inhalt gebührend verbreitet werde.Enttäuscht
werden der ,Attentäter" und Kumpane nun wahrscheinlich sein, wenn
ihr vielleicht wohlgemeintes Reinigungswerk nicht als positive Leistung in
die Geschichte der Stadt eingehen wird. Jedenfalls ist die Aachener Denkmalspflege
betrübt über den geputzten Reichsapfel, denn die echte jahrhundertealte
Patina ist nun dem Putzteufel zum Opfer gefallen. Ein Schlossermeister muß
beauftragt werden, der sie künstlich wiederherstellen soll.Besonders
bekümmert ist die Aachener Denkmalspflege, weil diese Patinierung natürlich
wieder Geld kostet. Sie hat ja kaum 700 DM zur Verfügung pro Jahr, mit
denen sie alle Brunnen und Denkmäler baulich instand halten muß.
Aber vielleicht bringt der Herr mit dem französischen Akzent in dieser
Frage die gleiche Aktivität auf wie bei der Polierungsaktion, nachdem
er nun belehrt ist, daß Patina nicht gleichbedeutend mit Schmutz ist.Zu
seiner Rechtfertigung mag aber dienen daß vor etwa zweihundert Jahren
der Stolz der Stadt noch darin bestand, die ganze Statue des Karl in güldenem
Glanze zu präsentieren. Erst seither wurde es Mode, der graugrünen
Patina den Vorzug zu geben. Und der Mode muß man sich fügen, Monsieur,
gerade in Ihrem Lande!

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